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7 - 10 August 2002
Stift Admont, Austria
Abstracts

Prof. Giles Constable, Institute for Advanced Study, USA
"Women and the Reformation of the Twelfth Century"

In the late eleventh and early twelfth century women played a larger role in the life of the church than at any other time in its history except, perhaps, for the fourth and fifth centuries. Women from all ranks of society not only supported religious institutions but also participated in activities that in other periods were regarded as the prerogative of men. This paper begins by looking at some statistics, showing the growth in numbers of female religious houses and of women practicing some type of religious life, of which the typology stretches in a spectrum between less and more organized. They go by various names, which are hard to classify, going from lay women who followed an ascetic life at home to fully enclosed nuns. Some lived as recluses, shut up in cells, often in association with a community that was responsible for their spiritual welfare and material support. New nunneries were established, sometimes as double houses with male and female members. Many male houses, both old and new, including several of the reformed religious orders, made room for women, who were accommodated in various way, at first usually in adjacent buildings but increasingly in separate establishments of some distance from the male community. Many respected churchmen were on familiar terms with holy women, and a few daring male and female hermits lived together in a chaste union known as syneisactism. Women at this time were regarded (among others by Abelard) as spiritually (though not physically) equal to men and had high prestige as visionaries. The traditional misogyny of medieval society was not overcome, however, and reasserted itself in the second half of the twelfth century, when women were excluded from most of the male orders and severe restrictions were imposed on religious women.

Prof. Constant Mews, Monash University, Australia
"Peter Abelard and Scholastic Culture within a Monastic Milieu in Twelfth-century Germany"

This paper examines the question why so many scholastic twelfth-century manuscripts are preserved in monastic libraries, such as Admont. In particular it explores the significance of two Admont manuscripts containing Abelard's Theologia 'Summi boni' and his Sententie (Oxford, Bodleian Library Lyell 49 and Princeton University Library, R. Garrett 169). I consider the validity of Jean Leclercq's distinction between monastic and scholastic theology, and argue it is based more on a rhetorical classification than on a visible divide within library holdings. I explore the diversity of the holdings of the Admont library in the twelfth-century, and its network of connections to other houses influenced by the Hirsau reform. I argue that there was a clear awareness of the writing of both Peter Abelard and Gilbert of Poitiers in Bavarian and Austrian houses of monks and canons. The concerns of Gerhoh of Reichersberg about the influence of heretical ideas, spread by disciples of Abelard and Gilbert, reflect his awareness of the diversity of ideas in circulation within communities of monks and canons. Otto of Freising, I argue, had a more balanced perspective in his awareness of the teaching of Gilbert of Poitiers, which he saw as a better illustration of the application of the arts of language to theology than the teaching of Peter Abelard.

Prof. Rachel Fulton, University of Chicago, USA
"Admont MS 289: God, Mary, Matilda, and the Craft of Prayer"

Dieser Vortrag nimmt die Gebetesammlung von Anselm in Admont Cod. 289 als Ausgangspunkt, um über das klösterliche Problem des Gebetemachens nachzudenken. Was macht ein Gebet aus? Wie ist seine Entstehung verknüpft mit der Kunst der Erinnerung? Wie kann es etwas geben wie das "Handwerk des Gebets," wenn unserer modernen Einschätzung nach Beten doch eine freie und spontane Ausdrucksform ist, jenseits von Handwerk und Schaffen? Als Antwort auf diese Frage erärtert dieser Vortrag sowohl die Tradition des klösterlichen und privaten Betens innerhalb derer sich Anselm schrieb, als auch diverse Aspekte der Erfahrung des Betens: sein Verhältnis zur Liturgie und die Erfahrung des Seins (Gott), seine Funktion als ein Werkzeug das Unausdrückliche auszudrücken und die Erweiterung der Empfindung (Maria), und seine Auswirkung auf denjenigen, der es praktiziert um die Erfahrung des Flusses zu machen (Matilda).

Prof. Fiona Griffiths, Smith College, USA
"The 'Dignity of Women' at the Monastery of Marbach: Abelard and the Guta-Sintram Codex"

Zwei Texte des zwölften Jahrhunderts werden in diesem Vortrag als Zeugen der cura monialium untersucht. Der erste, der Guta-Sintram Codex (ca. 1154), entsprang der Zusammenarbeit von Augustinern und Augustinerinnen im elsässischen Marbach. Er belegt die Frauenseelsorge in Marbach im zwölften Jahrhundert und erklärt sie als einen wesentlichen Bestandteil der seelsorglichen Aufgaben der Augustinergemeinschaft. Der zweite Text, Abelards De eleemosyna pro sanctimonialibus de paraclito (Predigt Nr. 30), stellt eine ausgefeilte Rechtfertigung der männlichen Pflichten zur Unterstützung des geistigen Lebens von Frauen dar. Er gründet sich auf Abelards Ansichten von der weiblichen Würde und Schwäche. Beide Texte reflektieren das Sendungsbewusstsein der Kirchenreformbewegung und ihre Berufung auf die hingebungsvolle Glaubensgemeinschaft von Männern und Frauen in der Frühkirche. Ungeachtet dieser klaren Parallelen ist der Einfluss von Abelards Lehren über das religiöse Leben von Männern und Frauen auf den Guta-Sintram Codex bis heute unerforscht geblieben. In diesem Vortrag werde ich zeigen, dass der Guta-Sintram Codex die cura monialium in Marbach unter Bezug auf Abelards Predigt Nr. 30 rechtfertigt. Der Guta-Sintram Codex enthält somit den einzigen Beweis für die Verwendung von Abelards Predigten ausserhalb des Paraclets im Mittelalter und birgt einen klaren Hinweis auf den tatsächlichen Einfluss von Abelards Ansichten auf die Frauenseelsorge.

Dr. Johann Tomaschek, Stift Admont, Austria
"Admont und das Frauenkloster St. Georgen"

Während des 12. Jahrhunderts, als das Stift Admont nach seinem Eintritt in den Hirsauer Reformkreis selbst zu einem weit ausstrahlenden Zentrum dieser klösterlichen Observanz geworden war, stand es mit rund zwei Dutzend Ordenshäusern in Verbindung, an die es seinerseits die Impulse der Reform weitergegeben hat. Dazu gehörten auch drei Frauen-klöster: St. Georgen am Längssee in Kärnten sowie Bergen und Neuburg in Bayern.

Die Kontakte zwischen Admont und St. Georgen bilden eine singuläre Ausnahme, denn in diesem Fall stehen etwas mitteilsamere Quellen zur Verfügung. Diese berichten wohl über die Voraussetzungen, unter denen die beiden Klöster miteinander in Verbindung traten, als auch über die Art und über die Folgen dieser Kontaktnahme, einer vom Bischof angeordneten Intervention des Abtes Wolfold im Jahre 1122. Den Aussagewert dieser Quellen hat man in der neueren Forschung zu relativieren versucht, doch lässt sich zeigen, dass diese Relativierung ihrerseits nicht unanfechtbar ist.

Einen besonderen Akzent erhält die Beziehung zwischen Admont und St. Georgen des weitern durch die Person und das schriftstellerische Werk des Mönches Irimbert, der als überaus fruchtbarer Bibelkommentator und Verfasser von Sermones das literarische Bild der "Admonter Reform" entscheidend geprägt hat. Er hat sich 1151 auch eine Zeitlang in dem Kärntner Frauenkloster aufgehalten und dort einen Teil seiner Auslegung der vier Bücher der Könige verfasst. In Admont hat man sich auch noch ein halbes Jahrhundert nach der erwähnten Intervention für St. Georgen zuständig gefühlt: Zwei Papsturkunden sollten 1171 sicherstellen, dass alle wichtigen Entscheidungen in personellen und materiellen Dingen nur im Einvernehmen mit dem Abt erfolgen durften. Bald darauf wurden dem Frauenkloster aber - ebenfalls durch päpstliche Verf,gung - seine Eigenständigkeit und seine ursprünglichen Freiheiten bestätigt.

Prof. Rodney Thomson, University of Tasmania, Australia
"The Place of Germany in the 12th-Century Renaissance"

Diese so wichtige Frage is bisher kaum diskutiert, jedoch gibt es darüber - wenigstens unter englischsprachigen Forschern - eine gemeine Beurteilung: Deutschlands literarische Kultur war konservativ, rückwärtssehend, in mancher Hinsicht noch karolingisch. Im Vergleich mit die 'skolastische' Leistung der französischen Schulen (besonders Paris und seine Umgebung) war Deutschlands eigene Domschulen freilich geringfügig.

Mein Vortrag versucht, diese Beurteilung in Frage zu stellen. Erstens, sind die wichtigste Merkmale Deutschlands literarische Kultur so objektiv wie möglich charakterisiert: Betonung auf 'nicht-skolastische' Gebiete wie Geschichte, Poesie und meditative-visionäre religiöse Literatur; starke Patronat und Beteiligung der Kirche (sowohl Dom als auch Kloster) und auch der Aristokratie; bemerkenswerte Teilnahme Frauen; Auffälligkeit der geschriebenen Landessprache; geringe Einfluss über die übrigen Europas. Einige Gründe sind als nächstes vorgeschlagen, diese Merkmale zu erklären:soziale Struktur; Anwerbung und Bildung der Domkanonikern; ununterbrochene Kontinuität mit dem neunten bis elften Jahrhundert. Endlich aber ist es notwendig, die Definition 'Renaissance' selbst zu befragen, einen entsprechenden Ausgleich zwischen die Beiträge der verschiedenen Gebieten Europas zu erreichen.

Prof. Adam S. Cohen, College of William and Mary, USA
"Art and Ideas in Twelfth-Century German Manuscripts"

Im diesem Vortrag wird die Funktion von Bilder im exegetischen Handschriften des zwölften Jahrhunderts durch eine Untersuchung der sogenannte Regensburg -Prüfening Malerschule behandelt worden. Eine detaillerte Analyse der bestimmten Bilder wird zeigen, wie and warum die Autoren, Schreiber, und Maler solche Bilder benutzt haben um die Texte zu illustrieren und ergänzen. Eine überblick dieser Regensburg-Prüfeninger Buchmalerei gibt einem Kontext in dem man solche berühmte Handschriften wie das Speculum Virginum, das Hortus Deliciarum, und die Arbeiten von Hildegard von Bingens - im allen spielen Bilder eine zentralle Rolle - besser verstehen könnte.

Dr. Stefanie Seeberg, Independent Scholar, Germany
"Bilder in Handschriften der Admonter Nonnen aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts --
Überlegungene zu ihrer Funktion"

In the library of the monastery of Admont exist some manuscripts of the second half of the 12th century with especially elaborate decoration of figural illumination - mostly in initials. These manuscripts are the so called "Admonter Homilienhandschriften" Cod. 58 and Cod 62 and the Irimberthandschriften Cod. 16 and 17, as well as Cod. 18, a breviary. In all of them we find colophons or other indications, which allow their contribution to the convent of the nuns. But for what reason all the codices with more elaborate figural illumination are connected to the nunnery? Images were - especially in the later middle ages - of great importance in the cura monialium. In the codices of the admont nuns the illustrations are not the often cited "bible of the illiterati". The admont nuns of the 12th century were famous for their high education. The textual content of the manuscripts and most of the illustrations themselves show that they were made for the educated reader. Beside the various functions of figural initials, e.g. decoration, organisation and illustration of the text, many of the images were intended to support and stimulate the meditational and devotional practice of the nuns. As in the later devotional practice of mystics, the images help to attain the unio mystica. Some of the illustrations clearly reflect the spirituality of the nuns, the brides of christ. We know that some of these manuscripts were written by nuns. There is some evidence that nuns worked as illuminators, as well.

Prof. Dr. Winfried Stelzer, University of Vienna, Austria
"Die Ausbildung der neuen Rechtswissenschaft im Spiegel von Admonter Handschriften"

Zu den bedeutendsten Erscheinungen der "Renaissance des 12. Jahrhunderts" zaehlt die neue Rechtswissenschaft und das von ihr geformte gelehrte Recht, das heisst die beiden wissenschaftlich durchdrungenen Bereiche des roemischen und des kanonischen Rechts. Die neue Wissenschaft war seit dem fruehen 12.Jahrhundert durch die Anwendung scholastischer Methoden bei der intensiven Beschaeftigung mit der justinianischen Kodifikation des roemischen Rechts (Corpus iuris) entstanden. Noch vor der Mitte des 12. Jahrhunderts wurden auch die Quellen des Kirchenrechts nach diesen methodischen Gesichtspunkten behandelt. Als autoritative Textgrundlage stand seit etwa 1140/45 das Decretum Gratiani als umfassende Sammlung der Kirchenrechtsquellen zur Verfuegung. Die laufende Fortbildung des Kirchenrechts ("law in the making") erfolgte durch paepstliche Dekretalen: Aktuelle Anweisungen und Entscheidungen in konkreten Rechtsfaellen, die von Kanonisten zur Verwendung in Schule und Praxis gesammelt wurden. Die wissenschaftliche Arbeit in Form von Glossen, Kommentaren, Summen und Traktaten wurde vornehmlich in Bologna und Paris, aber auch in anderen Zentren, etwa in Suedfrankreich, geleistet. Die Quellen des roemischen Rechts und die Arbeiten der zeitgenoessischen Legisten wurden dabei beruecksichtigt. Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts loeste sich die Kanonistik als eigene Wissenschaft von der Theologie. Das neu ausgebildete roemisch-kanonische Prozessverfahren bewirkte die Reform der geistlichen Gerichtsbarkeit. Die Verbreitung gelehrter Rechtskenntnisse fuehrte in der Folge zu Veraenderungen der Rechtsvorstellung und damit zu wesentlichen Wandlungen des Rechts- und Verfassungslebens auch im weltlichen Bereich. Der Prozess der Ausbildung des europaeischen Staates im Spaetmittelalter ist ohne die Rezeption des gelehrten Rechts nicht zu denken.

Die Entwicklung laesst sich an Admonter Handschriften exemplarisch nachvollziehen. Zugleich wird das ausserordentliche Interesse und die Aufgeschlossenheit des Reformklosters deutlich. Seit der sensationellen Entdeckung von Anders Winroth (1996) wissen wir, dafl eine bis dahin unerkannte 1. Redaktion des Decretum Gratiani in vier Ueberlieferungen existiert. Eine davon liegt heute noch in Admont, wo sie spaetestens in den 1170er Jahren aus leider unbekannter Vorlage kopiert wurde. Die Texte, die Gratian zur Ergaenzung fuer die 2. Redaktion heranzog, sind als Anhang angeschlossen. Zusaetzlich finden sich summarische Inhaltsuebersichten und Glossen des fruehesten Typs sowie eine umfangreiche Sammlung vorgratianischer Stuecke, die sehr viele roemisch-rechtliche Texte enthaelt (Collectio Admontensis mit dem Admonter Rechtsbuch, darin die einzige heute bekannte Teilueberlieferung des Edictum Theoderici). Der Ueberlieferungszusammenhang legt nahe, Admont als Verteiler der aus der suedfranzoesischen Schule von Valence und Die stammenden Sammlung anzusehen. Zur selben Zeit wurde in Admont auch die Dekretsumme Paucapaleas kopiert, das erste Werk der Schule von Bologna zum Dekret. Weitere Ueberlieferungen des Decretum Gratiani aus dem 12. Jahrhundert, fruehe Ueberlieferungen aktueller Dekretalensammlungen sowie die ersten Arbeiten eines einheimischen Kanonisten unterstreichen die bedeutende Rolle Admonts als eines der wichtigen Zentren der Wissenschaftspflege auch auf dem Gebiet des gelehrten Rechts.

Mr. Ralf Stammberger, Hugo von Sankt Viktor-Institut, Frankfurt, Germany
"The Works of Hugo of St. Victor at Admont: A Glance at an Intellectual Landscape"

Unter Abt Gottfried wurde in Admont eine für ihre Zeit auflergewöhnlich reiche B,chersammlung angelegt. Aus Pariser Werkstätten aus dem Umfeld der Abtei Sankt Viktor finden sich glossierte Bibeln. Die Werke Hugos von Sankt Viktor sind in zehn Handschriften vertreten und umfassen alle seine theologischen Hauptwerke. Eine Analyse der handschriftlichen überlieferung der Werke De tribus diebus, De archa noe und Libellus de formatione arche vermag die institutionellen Beziehungen Admonts mit anderen österreichischen und bayerischen Klöstern zu erhellen. Dabei zeigt sich, dafl in Admont und anderen mit Admont verbundenen Häusern eine Version eines Textes Hugos von Sankt Viktor zur Schrifthermeneutik überliefert ist, der möglicherweise eine ansonsten unbekannte Frühform seines Kommentars zum Heptateuch darstellt. Die besondere Bedeutung des süddeutsch -österreichischen Raumes für die überlieferung der Werke des Magister Hugo läflt sich auch anhand der Handschriften des Liber sermonum hugonis illustrieren. All diese Beobachtungen zeigen das Umfeld in dem die eigenständige literarische Produktion in Admont entstand, die weitaus weniger erforscht ist als die von ihr rezipierte französische Theologie des XII. Jahrhunderts.

Ms. Regina Schiewer, University of Essen, Germany
"Preaching in the Vernacular: The 'Millstatt Sermons' as a Link between Admont and Millstatt?"

Das produktivste Genre mittelhochdeutscher Literatur um 1200 is das der Predigt. Wer kennen ungefähr 830 verschiedene Predigten aus dieser Ziet, die in Predigtsammlungen für das Kirchenjahr überliefert sind. Keine andere europäische Volkssprache kennt eineähnlich breite überlieferung von Predigten in dieser Zeit. Trotzdem f,hrte die Annahme, bei den fr,hen Predigten handle es sich nicht um autochthon deutschsprachige Literatur zu einer Vernachlässigung dieser gröflten Gruppe fr,her deutscher Prosatexte. Die Auffassung, man habe es bei diesen Predigten mit übersetzungsliteratur zu tun, verhinderte eine eingehendere inhaltliche Beschäftigung mit den Predigten.

Gegenstand des Vortrags sind die 'Millstätter Predigten', die lange Zeit als verschollen galten, und die Frage ihrer Provenienz. Unzweifelhaft war der Codex dieser Sammlung in 15. Jahrhundert Bestandteil der Bibliothek des Benediktinerklosters Millstatt. Doch eine intensivere Beschäftigung mit dieser Bibliothek wirft Zweifel an einer Entstehung unserer deutschsprachigen Predigthandschrift im Kloter Millstatt auf. Um zu verdeutlichen, welche Voraussetzungen notwendig waren, um eine Predigtsammlung wie die 'Millstätter Predigten' zu erstellen, diskutiere ich Ort und Zielgruppe der fr,hen deutschen Predigten sowie die Arbeitsweise bei ihrer Erstellung. Welches Kloster bot einerseits die nötigen Voraussetzungen für diese Arbeit und hatte anderseits auch Interesse, eine Predigtsammlung wie die 'Millstätter Predigten' zu kompilieren? für eine Entstehung in Admont sprechen innere wie äuflere Gründe: Admont war in 12. Jahrhundert ein geistiges Zentrum der Hirsauer Reform, von dem aus auch Millstatt reformiert wurde. Eine Reihe von Handschriften aus Admont sind für die Millstätter Bibliothek nachweisbar. Die Handscrift der 'Millstätter Predigten' selbst verfügt über ein Kolophon, welches in einer Anrufung des heiligen Clemens einen Rudolf nennt. Wäre es möglich, dafl mit diesem Rudolf für den vermutlich 1199 gestorbenen Admonter Abt fürbitte geleistet wird? Eine Reihe von Indizien lassen sich für eine Entstehung der 'Millstätter Predigten' in Admont anführen. für Millstatt dagegen spricht lediglich die Aufbewahrung der Handschrift in der Bibliothek dieses Klosters im 15. Jahrhundert.

Prof. Morgan Powell, Franklin College, Switzerland
"Mirror of Virgins or Mirror of Instruction?
Enclosure, Collatio and Women's Instruction in the Speculum Virginum"

Die Seelsorge und der Unterricht für weibliche Religiosen, welche ab dem dreizehnten Jahrhundert als cura monialium gehandelt werden, kommen in der Forschung zum zwölften Jahrhundert als Thema eher selten vor. Die Quellenlage zum monastischen Leben der Frauen vor 1200 ist allgemein mangelhaft, und religiöse Schriften von Frauen selbst sind in der selben Zeit allein durch sehr wenige, wenn überaus wichtige, Ausnahmen vertreten.

Nichtsdestoweniger bleiben die Jahrzehnten um 1150 ausschlaggebend in der Herausbildung einer geschlechtsdifferentzierten Spiritualität. In dieser Zeit verfasste Abelard seine Briefe, Predigte und liturgischen Schriften für die Nonnen des Paraclete, die ersten für Frauen konzipierten Hoheliedkommentare wurden verfasst, und mit den visionären Schriften von Hildegard von Bingen und Elisabeth von Schönau ist das Modell für die Schriften der späteren Frauenmystik im wesentlichen schon vorgeprägt. In der Zeit vor 1140 erscheint mit dem Speculum virginum auch das erste universelle Modell des weiblichen monastischen Lebens.

Mein Vortrag untersucht den Speculum virginum als Modell pastoraler Praxis in der Unterweisung von weiblichen Religiosen. Das Werk, das aus zwölf Teilen und einem Zyklus von ebensovielen Bildern besteht, findet als Dialog zwischen einem Magister und seiner Schülerin statt. Meine Fragestellung gilt dem Wert des Dialoges as Darstellung der Lehrpraxis, und versucht darzulegen, dafl das Werk ebenso sehr als Destillierung der eigentlichen Lehrerfahrung wie als idealisierendes Vorbild gesehen werden sollte. Die idealisierende Darstellung des Dialogs dient dem Vorsatz, ein über die Grenzen der verschiedenen Orden hinaus einsetzbares Modell zu schaffen, und soll den eigentlichen Lesern, den männlichen magistri, als Spiegel des eigenen Unterrichts dienen. Das Werk avanciert zum "Spiegel" der sich herausbildenden Praxis der cura monialium.

Diese Schluflfolgerung stellt einige Aspekte unserer Einschätzung der Möglichkeiten zur zwischen-geschlechtlichten Interaktion in mittelalterlichen monastischen Gemeinschaften in Frage. Nach sonst häufig zitierten Quellen zu urteilen, müsste Gespräch zwischen Männern und Frauenäuflerst selten, und dann nur durch das Eisengitter von sehr kleinen Fenstern vorgekommen sein; allein der Priester betrat den Bereich der weiblichen Klausur, und dann nur um die Totenweihe durchzuführen. Das Speculum virginum dagegen, von einem anderen, sicherlich nicht minder idealisierenden Extrem gesehen, betrachtet den häufigen und ausführlichen mündlichen Austausch zwischen magister und Schülerinnen als notwendige und priviligierte Vermittlung des Logos. Mein letzter Gesichtspunkt betrifft also den heuristischen Wert der idealisierenden Darstellung von schriftlichen Quellen für unsere Rekonstruktion des mittelalterlichen monastischen Lebens, insbesondere wo diese sich mit dem Bereich zwischengeschlechtlicher Interaktion befasst.

Dr. Christina Lutter, University of Vienna, Austria
"Christ's Educated Brides: Literacy, Spirituality and Gender in 12th-Century Admont"

Im Frauenkonvent des Admonter Doppelklosters wurde nach formaläuflerst strengen Klausurbestimmungen gelebt, gleichzeitig hatten die adeligen Damen zahlreiche Kontakte zu den Mönchen des benachbarten Nännerklosters wie zu den zeitgenössischen geistig-geistlichen Autoritäten und zeichneten sich durch ein hohes Bildungsniveau und eine extensive Schreibtätigkeit aus. Sie waren in die intensive Reformtätigkeit eingebunden und galten als sanctimoniales litteratae. Die gute überlieferungssituation Admonts - Handschriften und Briefwechsel, Urkunden und Nekrologeinträge - ermöglicht Einblicke in verschiedene Aspekte des Lebens, der Tätigkeiten und des möglichen Selbstverständnisses der Admonter Nonnen und erlaubt somit, nach spezifischen historischen Handlungsspielräumen von Frauen und Männern, nach dem Verhältnis von Normen und Praxis zu fragen.

Konstitutiv für die Akzeptanz des klausurierten (Lebens)raums als Lebensform ist seine sinnstiftende Wahrnehmung als jenes Modell, das den besten und direktesten Weg ins Jenseits bietet. Diese Vorstellung äuflert sich nicht zuletzt in der Korrespondenz der Bilder von "Klausur", "Kloster" und "Paradies": Hortus deliciarum bzw. hortus conclusus als Sinnbild des jungfräulichen Lebens, als Vorbild für die nach diesem Modell lebenden Menschen, die NBräute Christi". Dementsprechend wird ihr Rang und ihre Privilegierung gegenüber den anderen Ständen in den meisten Predigten und theologischen Traktaten im Rahmen eines Lohnschemas thematisiert: ihre Heilserwartung ist am grössten, ihr Weg wird als leichter und direkter beschrieben als jene der Witwen und Verheirateten. Dies alles kommt im Bild der "Bräute Christi" zum Ausdruck.

Ihr Stand als geistliche Personen legitimiert und qualifiziert sie wiederum gleichzeitig zu spezifischen Wissensformen, von denen Laien ausgeschlossen bleiben. Es handelt sich also um eine Gruppe von Männern und Frauen, die man in mehrfacher Hinsicht als Nsoziale Eliten" bezeichnen kann, wobei die Kategorie Geschlecht in Hinblick auf die Qualifikation als "Braut Christi" zunächst einmal keine Differenzierungskategorie in dem Sinn darstellt, dass sie bewuflt oder explizit dazu herangezogen worden wäre, zwischen den Geschlechtern wertend zu unterscheiden.

Gleichzeitig entstanden im 12. Jahrhundert die ersten systematischen Konzepte, in denen die bestehende Praxis der Klausur als ein wesentlicher Bestandteil klösterlichen Lebens "theoretisch" begründet wurde. Hier allerdings spielt Geschlecht als Kategorie der Differenzierung explizit eine Rolle. Diese Konzepte wurden in der Folge zur Basis von Versuchen einer umfassenden Reglementierung des monastischen Lebensalltags. Klausur ist also zum einen ein Nrealer Raum", für den die Prinzipien von Geschlossenheit und Abgrenzung konstitutiv sind. Dabei ist der materielle Aspekt vom sozialen nicht zu trennen, dem der Gemeinschaft im Kloster (communitas). Sie überschneidet sich aber mit anderen sozialen Räumen: adelige Netzwerke und Klosterfiliationen ebenso wie die intertextuellen Netzwerke der Einigen dieser Fragen möchte ich in meinem Beitrag anhand ausgewählter Beispiele nachgehen: Welche Rolle spielt die Kategorie Geschlecht für die Praxis des Schreibens und Lesens im 12. Jhdt.? Wie verhält sie sich zu anderen Kategorien wie Herkunft, Religion oder ordo? In welchem Verhältnis stehen Konzepte von "Bildung" und "Ausbildung", von "Wissen" und "Wissenschaft" zu jenen von den Aufgaben der Geschlechter? Welche Rolle spielen diese Konzepte in der Praxis? Welche Vorstellungen und Bilder vermitteln Menschen im 12. Jahrhundert von sich selbst und ihren Beziehungen zu anderen?

Prof. Dr. Peter Dinzelbacher, University of Vienna, Austria
"Lebenswege für Frauen im Hochmittelalter"

At the close of the conference, this essay intends to evoke in a rather narrative way the fates of those women who did not live in a pious institution from childhood on, but found the way into the religious life only after a period in the world. Though all imaginable variants existed, the topic can be illustrated by two examples only, viz. the destiny of a girl who really had to fight her family to the utmost consequence in order to get leave and become a nun, and of a woman, whose transition from the secular to the religious way of life developed quite smoothly. It is hoped for that these aspects might show the sometimes dramatic effects of the reform movement which begun within the monastic world but reached beyond into the lives of lay-people. Movements, too, consist of personal fates and affect existence in a very haptic mode.

 

 

 

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